Hilft Souveränität gegen Bürgerkrieg?

Jean Bodin: Les six livres de la République

Jean Bodin: Les six livres de la République

Das Herrschaftsverständnis des Mittelalters sorgte seit eh und je zu widerstreitenden Ansprüchen zwischen Kirche und König; durch die Reformation und den Behauptungswillen ihrer Anhänger wurde die Lage dann noch unübersichtlicher und die starke Stellung des Hochadels tat ein Übriges. Adlige, Katholiken, Protestanten und der König, sie alle strebten nach Macht und sahen sich jeweils im Recht. Aus Sicht des Papstes betrieben die Reformatoren eine Spaltung der christlichen Glaubensgemeinschaft, wogegen Hugenotten und Lutheraner die katholische Kirche längst vom in der Bibel vorgegebenen Pfad abgekommen sahen; gegen beide strebte der König seine Herrschaft über das Land durchzusetzen, wodurch sich die Fürsten aber nicht ihrer alten Rechte berauben lassen wollten. Und sie alle kämpften längst mit jenen Methoden, die von Machiavelli niedergeschrieben und Caterina in die Wiege gelegt wurden. Die Folgen waren Kampf, Krieg, Intrigen und viel Leid in der Bevölkerung. Weiterlesen

Sind Grausamkeiten notwendig?

Niccolò Machiavelli: Il Principe

Niccolò Machiavelli: Il Principe

Mit dem Buchdruck erschien eine Flut an ungebetener Literatur, aufgrund derer sich die katholische Kirche gezwungen sah, mit dem Index Librorum Prohibitorum ein Verzeichnis verbotener Bücher zu erstellen. Auf dieser erstmals im Jahr 1559 erstellten Liste fanden sich insgesamt 550 Autoren wieder, darunter auch ein Zeitgenosse Luthers, der sich für religiöse Fragen überhaupt nicht interessierte. Niccolò Machiavelli war vielmehr daran gelegen, Herrschern Verhaltensregeln an die Hand zu geben, die dem Machterwerb und -erhalt dienen sollten. Für einen Vorrang des Glaubens blieb dabei kein Platz, statt dessen reduzierte sich Religiösität auf ein brauchbares Instrument, um sich die Gunst des Volkes zu sichern: Weiterlesen

Sind Könige oder Päpste näher zu Gott?

Thomas Aquinas

Thomas Aquinas

Beginnend mit Bologna im Jahr 1088 entstanden die ersten Universitäten. Die Lehre dort stützte sich vor allem auf biblische und aristotelische Texte, sodass die Gelehrten fortan europaweit auf einer gemeinsamen Grundlage und Denkweise aufbauten. Auch in den Schriften des Thomas von Aquin (lateinisch: Thomas Aquinas), der in Neapel, Paris und Köln studiert hatte, ist der Einfluss von Aristoteles unverkennbar: Weiterlesen

Sind wir alle verdammt?

 
Augustinus: De civitate Dei

Augustinus: De civitate Dei

Ein Zeiteuge des römischen Niedergangs war der am 13. November 354 geborene Augustinus, Sohn eines kleinen Landwirts in Nordafrika. Er wuchs damit im wichtigsten Getreideanbaugebiet Roms zu einer Zeit auf, in der Constantinus längst die christliche Wende des Reiches eingeleitet hatte. Von der Mutter christlich erzogen, hing Augustinus in seinen Ausbildungsjahren zum Rhetorik-Lehrer zwischenzeitlich anderen Glaubensrichtungen an, bis dann im Alter von 31 Jahren die völlige Hinwendung zur Religion seiner Kindheit während eines Aufenthalts in Mailand bei genau jenem Bischof Ambrosius erfolgte, der zwei Jahre später niemand geringeren als Kaiser Theodosius aus der Kirche ausschließen sollte. Das konnte Augustinus zwar nicht ahnen, aber immerhin war das Christentum zum Zeitpunkt der Bekehrung bereits Staatsreligion. Christ zu sein, war folglich kein Wagnis mehr, sondern vom Kaiser per Gesetz vorgegeben. Augustinus ging nach seiner nicht nur gesetzlich bestimmten, sondern nun auch persönlich empfundenen Übernahme des christlichen Glaubens zurück nach Afrika und gründete dort in jenem Jahr 391 ein Kloster, in dem Theodosius das Verbot aller heidnischen Kulte aussprach und damit jenem Gott tatkräftig zur Durchsetzung verhalf, den er selbst eigentlich nicht als hilfsbedürftig, da allmächtig ansah.

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Schließen Demokratie und Republik einander aus?

Cicero: De re publica

Cicero: De re publica

Im Jahr 62 vor Christus kehrte der mächtigste Mann jener Zeit, Gnaeus Pompeius Magnus, von einem Feldzug zurück. Unter dem zwischenzeitlichen Diktator Lucius Cornelius Sulla Felix als Feldherr früh zu Ansehen gelangt, hatte Pompeius mit den Piraten im Mittelmeer aufgeräumt, deren Unwesen immer lästiger geworden war. Außerdem hatte er in Kleinasien eine empfindliche Niederlage der Römer verhindert und für Ordnung gesorgt. Pompeius war militärisch grandios erfolgreich, dem Senat sogar ein wenig zu erfolgreich. Zurück in Rom verlangte der siegreiche Feldherr die Verteilung von Land an seine Soldaten, um sie in durchaus üblicher Weise für ihre Verdienste zu belohnen. Einflussreiche Senatoren wollten ihm allerdings einen Strich durch die Rechnung machen, um zu zeigen, wer Herr im Haus ist.

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Wieviel Alexander steckte in Aristoteles?

Aristoteles: Politiká

Aristoteles: Politiká

Platon war bereits 60 Jahre alt und sollte bald darauf zum zweiten Mal nach Sizilien reisen, als ein 17-Jähriger aus Makedonien, einem bis dahin völlig unbedeutenden Landstrich ganz im Norden Griechenlands, um Aufnahme in seine Akademie bat. Der Junge stammte aus gutem Hause, hatte doch der verstorbene Vater des Jungen als Leibarzt dem dortigen König gedient. Wie sich zeigen sollte, war die Aufnahme völlig berechtigt, denn der Neuling lernte schnell und war bald schon ein respektiertes Mitglied, das schließlich selbst eine Lehrtätigkeit in der Akademie ausübte. So gingen beinahe zwanzig Jahre eines wohlgeordneten Gelehrtenlebens dahin. Doch dabei sollte es nicht bleiben.

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Was vernünftig ist, das ist wirklich

G. W. F. Hegel: „Grundlinien der Philosophie des Rechts“ – gegengelesen 1

Georg Hegel: Grundlinien des Rechts

Georg Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts

1687 veröffentlicht Isaac Newton die Principia Mathematica und führt damit der Welt vor Augen, dass die Abläufe in der Natur strengen Gesetzen folgen. Nicht mythische Kräfte oder höhere Mächte bestimmen den Lauf der Dinge, sondern diese halten sich brav an für den Menschen nachvollziehbare Gesetzmäßigkeiten. Die Welt ist offenbar vernünftig eingerichtet.

Über 130 Jahre später, 1820 um genau zu sein, wundert sich ein Berliner Philosophieprofessor, warum wir uns die Natur als wohlgeordnet vorstellen, das Zusammenleben der Menschen hingegen als unordentlich. Müsste nicht mehr noch als die Welt, deren Gegenstände jeder Vernunft entbehren, eben jene Welt vernünftig eingerichtet sein, deren Mitglieder wir als vernunftbegabte Wesen ansehen? Weiterlesen

Wozu Demokratie?

In eigener Sache

Hubertus Niedermaier: Wozu Demokratie?

Hubertus Niedermaier: Wozu Demokratie?

Heute erscheint mit „Wozu Demokratie?“ ein Streifzug durch die politische Geschichte der Philosophie. Er präsentiert politischen Philosophen im Kontext ihrer Zeit und stellt eine Verbindung ihrer Theorien zu unserer heutigen Demokratie her. Im Mittelpunkt stehen dabei Gründe für die Entstehung ausgewählter philosophischer Ansätze und deren nachhaltige Bedeutung für unsere heutige Form des Zusammenlebens. Das Buch will Verständnis schaffen, ohne ausschweifend umfassend oder unzumutbar vereinfachend zu sein. Es versucht einen Überblick zu geben, aber nicht die Dinge so erschöpfend zu behandeln, dass den Leser das gleiche Schicksal ereilt. Ein kurzer Auszug:

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Notiz zum aktuell schweren Stand der Journalisten und warum Pegida trotzdem nicht Bestand haben wird

Jürgen Habermas: Vorstudien und Ergänzungen zur Theorie des kommunikativen Handelns

Jürgen Habermas: Vorstudien und Ergänzungen zur Theorie des kommunikativen Handelns

Sie sind gegen die Verbreitung religiöser Weltanschauungen, sind aber für ein christliches Abendland. Sie wollen keine Rassisten sein, haben aber etwas gegen Ausländer. Sie stören sich an Privilegien, fühlen sich als Patrioten mit deutschen Wurzeln aber nicht privilegiert genug. Sie fordern Meinungsvielfalt, diffamieren aber Vertreter anderer Auffassungen. Sie sind gegen (Ausländer-)Kriminalität, aber ihr Organisator ist selbst vorbestraft. Sie verabscheuen Parallelgesellschaften, bilden jedoch selbst eine. Sie halten der Presse vor, dem Volk Meinungen vorzugeben, und maßen sich selbst an, für das Volk zu stehen. Sie fordern von anderen mehr Objektivität, berufen sich aber gerne auf ihren subjektiven Eindruck, dem sie offenbar ohne den geringsten Zweifel die unverfälschte Erfassung der Wahrheit zutrauen. Die „patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ fordern für sich Dinge ein, die sie anderen nicht zugestehen wollen, und sie tun dies gestützt allein auf das zufällige Privileg Deutsche zu sein. Weiterlesen

Wozu eine Petition gegen Markus Lanz?

Hoppla, was ist denn jetzt passiert? Kommentatoren des Spiegel, der Zeit, der taz und des Stern vertreten bei einem Thema die gleiche Position. Und als wäre das nicht kurios genug, echauffieren sie sich zudem derart, dass sie darüber ganz vergessen, wie beinahe jedes Argument, das sie vorbringen, ebensogut gegen sie selbst gewendet werden könnte? Weiterlesen