Wer will eigentlich diese Tierhaltung?

Quelle: Politbarometer des ZDF

Quelle: Politbarometer des ZDF

Schaurige Zustände für Mensch und Tier in Schlachtbetrieben und Kastenstandhaltung für Muttersauen, die wochenlanger Zwangsfixierung gleich kommt. Gibt es für diese und andere Praxisformen in der Tierhaltung eine Mehrheit?

Aktuell jedenfalls nicht, wie das Politbarometer des ZDF berichtet. Hätte man dafür jemals demokratische Zustimmung erhalten, wenn die Zustände bekannt gewesen wären? – Wohl kaum! Weiterlesen

Hebt Globalisierung funktionale Differenzierung auf?

Ulrich Beck: Macht und Gegenmacht im globalen Zeitalter

Ulrich Beck: Macht und Gegenmacht im globalen Zeitalter

Im zwanzigsten Jahrhundert ließ sich funktionale Differenzierung vergleichsweise klar an verschieden ausgerichteten Organisationen ablesen. Unternehmen orientierten sich an Wirtschaftlichkeit, Gerichte am Recht, Wissenschaften an Erkenntnis, Kirchen an religiösen Fragen, Regierungen und Behöreden an Machtverhältnissen. Die jeweils anderen funktionalen Erforderisse traten vorwiegend als begrenzende Faktoren auf. Konzerne müssen sich an Gesetze halten. Juristen können wissenschaftliche Erkenntnisse nicht außer Kraft setzen. Kirchen haben politische Entscheidungen zu akzeptieren. Universitäten und Staaten verfügen nicht über beliebig viel Geld. Weiterlesen

Legitimation durch öffentliches Räsonnement?

Jürgen Habermas: Strukturwandel der Öffentlichkeit

Jürgen Habermas: Strukturwandel der Öffentlichkeit

In seiner vielbeachteten Habilitationsschrift über den Strukturwandel der Öffentlichkeit betrachtet Jürgen Habermas Legitimation nicht als etwas, das in Abhängigkeit vom bestehenden Herrschaftstypus einfach beansprucht werden kann, wie Max Weber das nahelegte. Vielmehr sieht er vom öffentlichen Räsonnement eine rechfertigende Wirkung ausgehen, die nicht von den Herrschenden gesteuert, sondern von den Beherrschten getragen wird. Weiterlesen

Schlägt Aufklärung in Barbarei zurück?

Max Horkheimer / Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung

Max Horkheimer / Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung

1933 wurde Theodor W. Adorno aufgrund seiner jüdischen Abstammung von den Nationalsozialisten die Lehrerlaubnis entzogen. Adorno ging nach England und arbeitete ohne ordentliche Anstellung an der Universität Oxford weiter. Vier Jahre später bekam er dann vom Institut für Sozialforschung in New York eine Stelle angeboten. Dort hatte Max Horkheimer, ein acht Jahre älterer jüdischer Fabrikantensohn, das private Institut wieder aufgebaut, das aufgrund seiner marxistischen Ausrichtung in Frankfurt aufgegeben werden musste. Gemeinsam verarbeiteten Adorno und Horkheimer in den USA dann das Zeitgeschehen im Werk Dialektik der Aufklärung, das sie 1944 noch vor Kriegsende veröffentlichten: Weiterlesen

Ist Objektivität möglich?

Max Weber: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre

Max Weber: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre

Max Weber sah im Marxismus nicht den Weg zu Mitbestimmung und Gleichberechtigung, sondern vielmehr eine einseitig ökonomische Betrachtungsweise. Eine solche Verkürzung könne keinen absoluten Anspruch auf Wahrheit begründen. Damit sind die Marxisten laut Weber aber nicht allein, weil das für alle anderen auch gelte. Vielmehr erscheint ihm jeglicher Versuch die Wirklichkeit vollständig zu erfassen aussichtslos, wie er 1904 im Aufsatz Die „Objektivität“ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis feststellt:

„Es gibt keine schlechthin ‚objektive‘ wissenschaftliche Analyse des Kulturlebens oder (…) der ’sozialen Erscheinungen‘ unabhängig von speziellen und ‚einseitigen‘ Gesichtspunkten, nach denen sie (…) als Forschungsobjekt ausgewählt, analysiert und darstellend gegliedert werden“ (Weber 1988a, S. 170)

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Religion oder Freiheit?

Originalhandschrift von Karl Marx: Elfte These über Feuerbach

Originalhandschrift von Karl Marx: Elfte These über Feuerbach

Weniger im Volk, sondern vor allem unter den Bessergestellten zog die französische Vorherrschaft viel Feindschaft auf sich, bedrohte sie doch zweifellos deren Status. Von den Fürsten aber konnte man keine Befreiung erwarten, da sie sich großenteils Napoléon gegenüber hörig zeigten. Blieb noch die deutsche Nation, auf die man sich berufen konnte, obwohl gar nicht klar war, was diese im sprachlich und politisch zerstückelten Mitteleuropa eigentlich umfassen könnte.

Völlig anders erlebten die Herrschaft der Franzosen andere Bevölkerungsgruppen, nämlich solche, die nicht Ehre und Privilegien bedroht sahen, sondern von der Gleichberechtigung durch den Code civil profitierten. Das betraf etwa die Juden, denen damit plötzlich die gleichen beruflichen Wege offenstanden wie den Christen. Die jahrhundertelange Diskrimierung schien vorüber. Ein Jude, der die neuen Möglichkeiten nutzte, war Heinrich Marx. Aus einer Rabbinerfamilie stammend, hatte er 1814 im linksrheinischen Trier und damit zu jener Zeit auf französischem Staatsgebiet eine Tätigkeit als Anwalt aufgenommen. Doch schon im Jahr darauf geriet die Stadt nach der Niederlage Napoléons unter preußische Herrschaft und dem Juden wurde die Fortsetzung seiner Berufsausübung nur zugestanden, wenn er sich zum christlichen Glauben bekennen würde. Kurz nachdem er von der neuen religiösen Gleichberechtigung der französischen Gesetze gekostet hatte, bekam er also schon wieder die rückständige Intoleranz Preußens zu spüren. Weiterlesen

Können wir nur gemeinsam frei sein?

Georg Hegel: Grundlinien des Rechts

Georg Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts

In jenem Jahr, in dem Napoléon starb, veröffentlichte Georg Wilhelm Friedrich Hegel seine Grundlinien der Philosophie des Rechts. Ausgangspunkt ist die Idee, dass mit der Aufklärung die Natur aller Zufälle beraubt wurde und die Wissenschaft sie zu durchschauen, ihre inneren Gesetzmäßigkeiten zu verstehen beansprucht. Bei der Gesellschaft hingegen wird weiterhin so getan, als würde sie dem Zufall gehorchen. Das kann nach Hegels Meinung nicht angehen, da auch sie der Vernunft gehorche: Weiterlesen

Keine Vernunft ohne Freiheit?

Immanuel Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten

Immanuel Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten

Vier Jahre vor der Französischen Revolution, neun nach der US-amerikanischen Unabhängigkeitserklärung und zwei nach Ende des darauf folgenden Krieges erschien in Preußen 1785 mit der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten von Immanuel Kant eine Moralphilosophie mit dem Anspruch, dass sie nicht nur für Menschen, sondern für alle vernünftigen Wesen gelten müsse und sich allein aus deren Vernunft ableiten lasse. Kann man also die Frage danach, was gut und was böse ist, was man tun und was man lassen soll, beantworten, ohne auf eine göttliche Offenbarung diesbezüglich oder eine andere äußere Quelle von Verhaltensvorschriften zurückzugreifen? Kant geht davon aus, dass das möglich ist, wobei individueller Freiheit eine zentrale Rolle zukommt: Weiterlesen

Kann man jemanden zwingen, frei zu sein?

Jean-Jacques Rousseau: Du Contract Social

Jean-Jacques Rousseau: Du contrat social

Berühmtheit erlangte Jean-Jacques Rousseau nicht durch Charakterstärke, sondern durch seine Schriften. Seine Kulturkritik über Kunst und Wissenschaft und auch sein Erziehungsbuch Emile setzen beide auf dem Unbehagen auf, wonach die Freiheit der Menschen unter den gegebenen Umständen nicht gewahrt wird. Einerseits stehen dem Fortschritt und Wissenschaft entgegen, andererseits der auf Kinder ausgeübte Zwang. Mit Erziehung allein wird sich das aber nicht ändern lassen, denn die Gesellschaft insgesamt lässt keine Freiheit zu, wie er im Gesellschaftsvertrag schreibt:

„Der Mensch ist frei geboren, doch überall liegt er in Ketten.“ (Rousseau 1977, S. 5)

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Kein Geld ohne Mitbestimmung?

Thomas Hobbes: Leviathan

Thomas Hobbes: Leviathan

Die Auswirkungen eines selbstbewussten Parlaments bekam Karl I. (englisch: Charles) gleich bei seinem Regierungsantritt im Jahr 1625 zu spüren. Üblicherweise wurde die Erhebung der Hafensteuer dem englischen König auf Lebenszeit bewilligt. Diesmal aber beschränkte das Parlament seine Zustimmung auf ein Jahr, weil es dem Fürsten misstraute. Es ging um Religionspolitik. Denn Karl heiratete kurz nach der Thronbesteigung zwar standesgemäß eine Königstochter, jedoch war diese abstammend von dem Konvertiten Heinrich IV. von Frankreich und dessen zweiter Frau Maria – einer mit seiner Schwiegermutter aus erster Ehe entfernt verwandten Medici – katholisch. Viele Engländer lehnten aber jede Form von Katholizismus rundweg ab. Angesichts der Geschehnisse in der gut 50 Jahre zurückliegenden Bartholomäusnacht hegten die mittlerweile zahlreichen Protestanten schlimme Befürchtungen. Weiterlesen